Mein Hörtipp und DER Tipp für die Platte des Jahres 2021: Tony Coe & John Horler: „Dancing in the Dark”
Wir haben zwar erst August, dennoch habe ich eine meiner besten Platten für das laufende Jahr schon gefunden. Ein Duett, bestehend aus Klavier und Klarinette, und eingespielt von zwei seit vielen Jahrzehnten in der weltweiten Jazz-Szene aktiven Musikern und bekannten Komponisten aus Großbritannien: Tony Coe (clarinet) und John Horler (piano).
Tony Coe, geboren 1934, spielte in seiner langen Karriere u.a. mit Kenny Clark, Peter Herbolzheimer, Clark Terry und Kenny Wheeler und war u.a. am „Pink Panther“ Album von Herr Manchini als Tenorsaxophonist beteiligt. Als erster europäischer Jazz-Musiker erhielt er 1995 den dänischen Jazzpar-Preis und 1997 den British Jazz-Awards.
John Horler, geboren 1947, spielte u.a. mit Harry Allen, Chet Baker, Zoot Sims, Clark Terry und Kenny Wheeler und gilt als bedeutender Komponist.
Aufgenommen wurde das am 13.08.21 veröffentlichte Album „Dancing in the Dark“ bereits im Jahr 2007, in der St Michael´s Church in Appleby im Rahmen des dort stattfindenden Jazz-Festivals. Eine hier nicht uninteressante Information, denn die Akustik in der Kirche ist phantastisch und den Tontechnikern ist es hervorragend gelungen, dies auch entsprechend so in allen klangfarblichen Facetten aufzuzeichnen.
8 Stücke, bestehend aus eigenen Kompositionen und bekannten Standards wie z.B. Bill Evans‘ „Person I Knew“ und Cole Porters „Night and Day“ oder Monks „Blue Monk“.
Ein Duett Album läuft immer Gefahr langweilig zu werden. Wenn nur zwei Stimmen miteinander agieren und dann noch bekannte Standrads interpretieren, ist es nicht selten der Fall, dass den Musiker:innen neue Impulse schwer fallen. Nicht hier. Im Gegenteil. Obwohl mit Klavier und Klarinette ein Duett antritt, dass so in der Jazz-Musiklandschaft nicht häufig anzutreffen ist, geht das Konzept voll auf: Hier spielen zwei perfekte Techniker mit ungemein hohem jahrzehntelangem Erfahrungsschatz, die sich nicht nur perfekt kennen, schätzen und sich in ihren Spielarten akzeptieren, sondern auch Menschen die weder sich noch dem Publikum irgendetwas beweisen müssen. Es spielen zwei Instrumente, die eine eigene Stimme haben, ohne diese jedoch in den Vordergrund stellen zu wollen. Nur zwei Instrumente und dennoch hört man so viele Stimmungen, strahlende Ausdrucksformen und fast schon lyrisch anmutende musikalische Erzählungen. Unangestrengte minimalistische Ton-Strukturen, fantasievolle Wechsel und ein von Harmonie und eine von unwiderstehlichem Rhythmusgefühl geprägte fast lässig-swingende Leidenschaft in der Umsetzung der Kompositionen. Einzelne förmlich hingehauchte zarte Einzel-Impulse finden immer wieder in gemeinsamen stimmigen Läufen der beiden Musiker zueinander, um die Zuhörer:innen von der ersten bis zur letzten Sekunde in eine fast magische Klangwolke zu entführen.
Ein von Intensität geprägtes Treffen zweier stiller Musiker, deren virtuoses Zusammentreffen von eleganter Homogenität und pointilistischen Linien geprägt ist. Etwas, das gerade bei „nur“ 2 Instrumenten sehr viel schwieriger ist, als es vielleicht zunächst den Eindruck macht. Trotz, oder gerade wegen der damit zunächst einmal gegebenen eigentlich geringeren Ausdruckmittel, sind die hörbaren musikalischen Ausdrucksformen und die vielen kleinen spannungsreichen Kontraste überwältigend.
Alles live eingespielt, perfekt aufgezeichnet und mit einer großen Klangfülle, einer kreativen Filigranität und einer stimmungsvollen Wärme beseelt. Etwas, das wir heute mehr denn je brauchen.
„Dancing in The Dark“ ist ein Album, das einen in eine andere, in eine bessere Welt entführt. Für mich eine der besten Jazz-Duett-Alben und mit Sicherheit eine der besten Jazz-CDs in diesem Jahr.
Hier noch drei Anspieltipps. Danach wird es vielleicht auch Ihre Platte des Jahres…Und weiter unten noch ein Tipp von mir: Die Alben von Ulrich Drechsler (Bass-Klarinette), unbedingt auch mal reinhören!
Trailer:
Infos zu den beiden Musikern:
http://www.tonycoe.co.uk/index.php
Weitere Infos über den Vertrieb GEARBOX:
https://www.youtube.com/c/GearboxRecordsLdn/videos
Hier noch die versprochenen Tipps zu Ulrich Drechsler: