Mein Hörtipp: Christian McBride und Edgar Meyer: But Who´s Gonna Play The Melody?
Das Treffen zweier Giganten ihres Fachs wird nicht immer automatisch gut. Wenn es auch noch zwei sind, die das gleiche Instrument spielen und es sich dabei um den akustischen Bass handelt, weichen einige interessierte vielleicht direkt zurück. Das wäre ein Fehler, ein sehr großer sogar! Videotipps, s.u.
Was diese beiden Bass-Giganten hier abliefern ist eines der besten reinen Bass-Alben, die ich in den letzten Jahren gehört habe. Klar, Meyer und der 12 Jahre jüngere McBride sind für ihr Spiel und ihre technischen Fähigkeiten weltbekannt und spielten und spielen ständig mit den größten aus vielen musikalischen Genres zusammen. Aber, und das ist enorm wichtig, ihr Können müssen sie weder dem jeweils anderen noch uns beweisen.
15 neue Songs in denen die beiden zeigen, was sie musikalisch wollen, nicht was sie technisch können. Klar merkt man bei jedem Ton, dass sich hier zwei gefunden haben, für die es erkennbar und offenkundig keine spielerischen Grenzen gibt, aber diese enorme Farbigkeit im gezupften und gestrichen Bass, das wundervolle Klangfarbenspektrum, das sie hier aufzeigen und dieser absolut tiefgründige lockere Groove, sind schon etwas ganz ganz besonderes. Die Basis aller Songs ist der Jazz, aber sie spielen mit diesem, mit Einflüsse aus dem Folk, der Klassik oder auch dem Funk. Alles lassen die beiden, wenn sie es für richtig halten, mit einfließen. Zudem spielt jeder der beiden bei 2 Songs Klavier, was erheblich zur Abwechslung beiträgt und ganz nebenbei auch deren Fähigkeiten auf dem Klavier aufzeigen.
Das von Edgar Meyer auch produzierte Album ist klangtechnisch herausragend, was gerade bei der Aufnahme eines akustischen Basses für alle an der Produktion beteiligten eine echte Herausforderung ist. Wenn es aber, wie im vorliegenden Fall, technisch und klangtechnisch so perfekt umgesetzt ist, kann man hören, zu welchen unglaublichen Klangfarben und Grob- und feindynamischen Abstufungen dieses Instrument fähig ist. Insbesondere gilt dies, wenn der eine die Aufgabe des „klassischen Bass“ übernimmt und der andere Melodien mit dem Bogen streicht.
Wie sich die beiden hier den Ball im musikalischen Dialog zuspielen, wie sie die Leader-Rolle blitzschnell an den anderen übergeben, variieren und dabei immer einen vollem, warmen und enorm intensiven Sound und felsenfesten Groove erzeugen, der einen andere Instrumente zu keinem Zeitpunkt vermissen lässt, ist wirklich ganz große Klasse. Ich denke, dass die beiden daher auch den Titel des Albums erst nach der Aufnahme gefunden haben, denn er ist tatsächlich Programm, Vorgabe und zugleich Leitfaden für diese Session in der die beiden offensichtlich extrem Spass hatten. Und uns Zuhörer:innen ist es, bei allem Respekt, völlig egal, wer hier die Melodie spielt, denn das Ergebnis ist einfach nur absolut großartig.
Nicht anhören, Kaufen!
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