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Dorothee Oberlinger und das Ensemble 1700 in Herne – L´Huomo von Andrea Bernasconi

Gestern war der dritte und vorletzte Tag des Festivals: „Tage Alter Musik“ in Herne und für mich stand ein persönliches Highlight auf dem Programm: Das Ensemble 1700 unter der Leitung von Dorothee Oberlinger. Ich liebe die Arbeit dieser Ausnahmemusikerin und kaufe jede neue CD von ihr…und wurde noch nie enttäuscht. (Meine Lieblingsalben habe ich unten im Foto eingefügt.) Sie musiziert selbst auf einem sehr hohen Niveau und hat sich praktisch selbst mit ihrem unter ihrer Leitung stehenden Ensemble 1700 den eigenen maßgeschneiderten Klangkörper erschaffen, der sie und uns seit vielen Jahren auf ihrer faszinierenden Reise durch die Musik des Barock begleitet.

Bei dem Werk handelt es sich um eine Oper, die man als einen Meilenstein des Genres bezeichnen darf…und das dennoch wahrscheinlich (zu) wenigen Menschen wirklich bekannt ist. Spannend u.a. ist der textliche Aus-) Blick in die Gedanken der Aufklärung des 18. Jahrhunderts und der Abschied der bis dahin vorrangig anzutreffenden Trennung zwischen komischen und tragischen Teilen.

Die besondere Geschichte mit den Elementen der Liebe, Verlockungen, Streit und dem „wieder zueinanderfinden“, unterstützt von bösen und guten Geistern, gipfelt u.a. in der Verführung des schwach gewordenen Mannes, der schließlich untreu wird, weil die zwei gegeneinander spielenden Seelen in seiner Brust ihn dazu zwingen. Schließlich obsiegt am Ende aber wieder der Geist der Vernunft und seine Liebste vergibt ihm. Und wer könnte diesen Kampf der 2 Seelen im Mann besser darstellen, als ein Countertenor? Hier ist es der wirklich unglaublich gute Philipp Mathmann, der übrigens 2020 eine sehr hörenswerte Solo CD veröffentlicht hat.

Aber nicht, dass hier ein falsches Bild entsteht. Auch wenn ich Philipp Mathmann für herausragend halte, trifft dies aber tatsächlich auf jede Musikerin, Sängerin, Musiker und Sänger zu. Wirklich ausnahmslos! Alle Gesangparts waren hervorragend besetzt und jede(r) überzeugte sowohl von der Technik als auch ganz besonders von einer bei allen anzutreffenden extrem hohen Sprachverständlichkeit.

Und das Ensemble 1700? Ein harmonischer Klangkörper, der durch seinen ungemein warmen, intensiven und vollen Klang das mehrstündige Werk zu einem wahren Vergnügen machte. Die Musiker:innen besitzen die Fähigkeit ab dem ersten Ton nicht mehr wie zusammenspielende einzelne Musiker:innen zu klingen, sondern in einer offenbar von gegenseitige Wertschätzung geprägten Symbiose zu einem neuen Ganzen zu verschmelzen. Hier spielen keine Individuen, hier spielt in jeder Note immer das Ensemble. Hervorheben möchte ich hier die Arbeit von Nils Niemann, Regisseur, Wissenschaftler und Dramaturg und Spezialist für barockes und klassisches Theater und hier der Kopf hinter dieser Aufführung, die u.a. die schauspielerischen Talente der Sänger:innen perfekt in die spielerische Umsetzung der Geschichte einband.

Dorothee Oberlinger und ihr Ensemble 1700 sind ein Garant für hervorragende Konzerte und Alben, das ist bekannt. Was man aber niemals vergessen sollte, ist ihre Fähigkeit, ihre Bereitschaft und ihr Mut, immer neue und vielleicht nicht so bekannte Werke durch Ihre Aufführungspraxis in die Öffentlichkeit zu bringen.

Und hier kommen wieder 2 Seelen zueinander: Die des Festivals „Tage Alter Musik“ in Herne und der musikalische Spürsinn von Dorothee Oberlinger. Und das Ergebnis?

Ein wundervoller Abend!

Heute gibt es noch 3 Konzerte in Herne und die Musikinstrumentenmesse kann ebenfalls heute noch den ganzen Tag besucht werden.

Meine Frau und ich freuen uns schon auf den heutigen Abend: Joseph Haydn, „La fedilità premiata“, Götterfluch und Liebesspiel, 19 Uhr im Kulturzentrum.

http://www.dorotheeoberlinger.de/

https://www.herne.de/Kultur-und-Freizeit/Musik-und-Theater/Tage-Alter-Musik/

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