Konzerttipp: Das „Orchester des 18. Jahrhunderts“ auf Tournee
Liebe Musikliebhaber:innen,
1981 gründete der Dirigent und Blockflötist Frans Brüggen in Amsterdam gemeinsam mit internationalen Musikerkollegen das Orchester des 18. Jahrhunderts, das die Musikwelt somit seit vier Jahrzehnten als Spezialensemble für die Musik des 18. und des frühen 19. Jahrhunderts mit mehreren unterschiedlichen Projekten pro Jahr bereichert. Anlässlich von Frans Brüggens fünftem Todestag im August 2019 schrieb sein Freund und Wegbegleiter Louis Andriessen ein neues Werk für das Orchester. Die so entstandene 22-minütige Hommage May für Chor und Orchester ist nun auf einer Tournee erstmals auch in Deutschland zu hören, am 19. Oktober in der Kölner Philharmonie und am 22. Oktober in der Philharmonie Essen.
Auf dem Konzertprogramm mit dem Gesangsensemble Cappella Amsterdam unter der Leitung von Daniel Reuss stehen außerdem Josquin des Préz‘ kurzer Klagegesang Nymphes des bois für Chor a cappella sowie Mozarts unvergleichliches Requiem. Als Vokalsolisten in der Totenmesse sind die Sopranistinnen Katharine Dain bzw. Carolyn Sampson, die Mezzosopranistin Marianne Beate Kielland, der Tenor Thomas Walker und der Bariton Tobias Berndt zu hören.
Die Tournee führt die Musiker und Sänger zwischen dem 13. und dem 23. Oktober 2022 zudem in sieben weitere Städte in den Niederlanden, in Frankreich und in Belgien, unter anderem am 18. Oktober ins Concertgebouw Amsterdam. Dort wurde Andriessens May im Dezember 2020 mit einem halben Jahr Verspätung bereits von den nun auch beteiligten Künstlern uraufgeführt – allerdings inmitten der Corona-Pandemie in einem Streaming-Konzert ohne Live-Publikum. Erst jetzt kann das Werk seine Magie in den Konzertsälen wirklich entfalten.
Bei den Konzerten in Amsterdam und Köln finden zudem die weltweit ersten Aufführungen des 12-minütigen Orchesterwerkes Farewell von Martijn Padding statt, das dem langjährigen Orchestermanager des Orchesters des 18. Jahrhunderts, Sieuwert Verster, gewidmet ist. In diesem Fall stellt es aber keinen Abschied für immer dar, sondern vielmehr ein Dankeschön für Versters herausragendes Engagement für das Orchester.
Louis Andriessen litt während der Arbeit an seinem klingenden Tribut für Frans Brüggen bereits an einer gnadenlos fortschreitenden Alzheimer-Erkrankung und verstarb sieben Monate nach der Uraufführung von May, sodass es zu seinem letzten vollendeten Werk wurde und somit zum bemerkenswerten Schlusspunkt seiner langen Karriere. Als Textgrundlage dafür erkor sich Andriessen das Gedicht Mei von Herman Gorter, das zu den bekanntesten Werken der niederländischen Literatur zählt. In über 4000 Versen erzählt es anhand der kurzen Lebensspanne vom Monat Mai – der im Gedicht als jugendliches Mädchen personifiziert wird – von Natur, Musik und Liebe, vom Werden und Vergehen.
Der sprichwörtliche „new-born sound“ dieser Komposition reiht sich in weitere Neuerungen für das Orchester ein, die Kate Rockett (die vor wenigen Wochen angetretene Orchestermanagerin) – wie folgt in Aussicht stellt: „Wir sind gerade in eine Phase der inneren Erneuerung eingetreten: Während viele neue talentierte Kollegen Mitglieder des Orchesters werden, verabschieden sich alte Freunde in den Ruhestand. Wir werden neues Repertoire erkunden sowie neue künstlerische Partnerschaften eingehen und in den nächsten Monaten wird die Überarbeitung unseres öffentlichen Erscheinungsbildes sichtbar werden – aber unser uneingeschränktes musikalisches Engagement und unser forschender Geist, der in diesem Programm so sichtbar wird, bleiben unangetastet.“