Mein Hörtipp: Alex Kroll und Martin Müller: Strings Ahead
Aus der durch die Coronazeit erzwungenen Pausen haben sich erstaunlicher Weise viele neue Alben ergeben, die es ohne die ganzen Beschränkungen vielleicht nicht gegeben hätte. So auch hier: Alex Kroll (Jazzgitarre) und Martin Müller (Nylonstring-Gitarre) hatten während der Pandemie und den Beschränkungen kleinere Jamtreffen geplant. Daraus ergab sich dann die beiderseitige Idee zu einem Duo. Aus einzelnen Arrangements für ihre beiden Instrumente entstanden eigene gemeinsame Kompositionen. Und alles endete schließlich in diesem nun vorgelegten Album mit dem Titel „Strings Ahead“.
In 13 Songs und einer Laufzeit von knapp 50 min., spielen die beiden nun einige ihrer Kompositionen, aber u.a. auch solche von G. Gershwin oder eines anderen nicht ganz unbekannten Komponistenduos: Lennon/McCartney („Lucy in the sky“, großartige Version!)
Und wir können froh sein, dass die beiden Musiker diese Idee hatten, denn dieser Dialog zwischen der semi-akustischen Jazzgitarre und der „klassischen“ rein akustischen Nylongitarre sind ungemein spannend. Beide Instrumente sind in einigen Passagen klanglich sehr ähnlich, tonal fast gleich, nur um dann bei den Improvisationen deutlich zu machen, dass sie doch verschieden klingen können. Und genau das führt dazu, dass diese CD wirklich eine Empfehlung ist, denn ich hatte hier vor dem ersten Hören meine Befürchtungen: Langeweile, Hintergrundmusik oder gar ein stupides gegenseitiges Präsentieren von technischer Virtuosität. Aber nichts dergleichen: Hier spielen 2 Vollblutmusiker mit Liebe zur Musik. Zwar erkennbar auch virtuos, das aber nur, wenn es der Musik dient. Nicht nur, dass hier ganz offensichtlich keiner der beiden dem anderen etwas beweisen muss, spielen sie wie aus einem Guss, ohne dabei in die Beliebigkeit abzudriften. Die Songs sind vielschichtig komponiert und die Arrangements bis ins Detail durchdacht, immer mit der Möglichkeit der freien Improvisationen.
Und die Kombination von Stahlsaiten der halbakustischen E-Gitarre und dem weichen Klang der Nylonsaiten ergeben zusammen ein sehr eigenes und ungemein stimmiges Soundprofil. Unterstützt wird diese Harmonie durch eine entsprechend gute Aufnahmetechnik, die die beiden Gitarren gleichberechtigt und sehr klar und räumlich wiedergibt.
Zwei großartige Gitarristen, zwei unterschiedliche Gitarren, 13 zum Teil selbst komponierte Songs und eine hörbare Freude beim Spielen lassen diese CD weit aus dem aktuellen Angebot der Neuerscheinungen herausstechen.
Nicht für Gitarrenliebhaber eine Empfehlung, sondern für alle, die akustische Musik zwischen Jazz und Brazil lieben und den besonderen Sound der beiden Instrumente und insbesondere deren Symbiose zu schätzen wissen.
Unbedingt anhören!