Mein Hörtipp: Concerto Budapest, András Keller: Anton Bruckner 7. Symphonie
In diesem Jahr wäre Anton Bruckner 200 Jahre alt geworden. Viele neue Aufnahmen, aber keine die inhaltlich nicht schon vorher von anderen eingespielt wurde. Also hier nur eine weitere Aufnahme der bekannten 7.? Eine weitere, die sich neben den anderen im Regal einfindet?
Nein, denn mit TACET und Andreas Spreer, dem Kopf dahinter, und dem Concerto Budapest unter der Leitung von András Keller, haben sich Idealisten gefunden, die musikalisch, interpretatorisch und aufnahmetechnisch sicherlich zu den Besten gehören und dennoch immer ein wenig „Mehr“ wollen. Die Idee war geboren, die 7. Symphonie mit denselben Musiker:innen einmal live (uncut) (CD 1) und einmal eine produzierte (cut) Version (CD 2) der 7. Symphonie von Anton Bruckner.
Worum geht es bei einer Aufnahme eigentlich wirklich? Um die Emotionen, das Versinken in die Musik, die Anspannung eines Konzertes und die immer mitschwingende Angst, etwas falsch zu spielen, oder gar „rauszukommen“? Alles das macht sicherlich eine Live-Aufnahme aus. Eine produzierte Aufnahme kennt das alles nicht. Fehler werden durch eine neue Einspielung der Passage tatsächlich eliminiert und meist dauern diese Aufnahmen, bei denen die Musiker:innen in der Regel einzelne Teile separat und meist mehrfach einspielen mehrere Tage. Aus den vielen Stunden Aufnahmematerial wird dann die beste Version zusammengesetzt. Völlig ok und technisch perfekt und auch klangtechnisch ausgereizt.
Aber welche Art des Spielens spricht einen mehr an? Es gibt brillante Konzertaufnahmen und ebenso großartige klassische Produktionen. Häufig sind die Livemitschnitte taffer, härter und „lauter“, die produzierten Aufnahmen perfekter, runder und besonders klangtechnisch wesentlich besser.
Musiker:Innen mögen meist Live-Aufnahmen wieder, da sie dort eher die spielenden Personen so hören, wie sei es gerne wollen. Das Gemeinsame, verbunden mit dem Einzelnen ermöglicht eine ungemeine Spannung. Eine, die bei einer produzierten Aufnahme nicht existiert, da alles das, was nicht den Verantwortlichen in der Leitung oder der Produktion 100% zusagt, einfach neu gespielt wird.
Und so werde ich diese Rezension ohne eine eigene Bewertung beenden, aber mit einer Aufforderung: Hören Sie sich beide an (am besten die ganze Symphonie) und entscheiden Sie selbst, welche Version Ihnen besser gefällt. Sie werden überrascht sein, wie viel Neues Sie bei jedem neuen Hören entdecken. Und ganz unter uns: Interpretatorisch und Klagtechnisch wieder eine absolut erstklassige Aufnahme…aber ich wollte ja nichts sagen…Welche mir besser gefällt? Sage ich nicht, aber lesen Sie doch einfach mehr zu den ganzen Hintergründen im Blog unter www.tacet.de Und auf Youtube können Sie zur ersten Einstimmung zwei kurze Beispiele aus der cut und der uncut Version hören, vergleichen…und sich mittels der Kommentare mit andern Liebhaber:innen austauschen…
Wenn doch nur alle Produktionen und die ganzen begleitenden Informationen so interessant und spannend wären…ich würde mir keine Sorge mehr um die Zukunft der klassischen Musik machen. Danke TACET! Danke Concerto Budapest! Danke András Keller!
Unbedingt anhören!!! Und dann entscheiden, welche der beiden Versionen Ihnen besser gefällt. Unter uns…beide sind herausragend…ok, ok, ich wollte ja aufhören…