Mein Hörtipp: Florian Ross Octet: Tunes & Explorations
Am 21.10.22 erscheint diese CD und Sie sollten sich das Datum unbedingt vormerken, denn das ist ein wirklich in jeder Hinsicht absolut herausragendes Werk. Florian Ross würdigt nach einigen CDs mit eigenem Material (siehe auch meine andere Besprechung unten) nun das „Great American Songbook“, was sicherlich grundsätzlich nichts Besonderes ist, gibt es doch so viele Aufnahmen die sich diese Grundlage ausgewählt haben. Aber wie er es mit seinem Octet hier spielt, ist schon außergewöhnlich und einfach großartig!
Die Musiker der Aufnahme verdienen es, hier im Rahmen einer Besprechung trotz der großen Anzahl alle aufgezählt zu werden: Wir haben:
Bastian Stein (Trumpet), Matthew Halpin (Tenor/Flute), Craig Brenan (Trombone), Niels Klein (Baritone/Bass-Clarinet), Eliott Knuets (Guitar), Leon Hattori (Piano), Dietmar Fuhr (Bass), Tobias Backhaus I(Drums) und Florian Ross ( Cond./Arr.)
Und was macht dieses im März 2022 im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks in Köln aufgenommene Album mit den 11 Songs (der Opener ist von Florian Ross) denn nun so besonders? Die musikalischen „Vorgaben“ sind alt, echte Klassiker und irgendwie bekannt. Aber, und dies ist ein großes „Aber“, die Herangehensweise, wie Ross sie arrangiert hat ist herausstechend. Er transformiert die Stücke ins 21. Jahrhundert und spielt sie in einem modernen Gewand, ohne jedoch deren Herkunft zu leugnen und deren Schönheit zu beschädigen. Es ist einfach, diese Klassiker in einer andere „Form“ zu spielen, es ist aber etwas ganz anderes, sie neu zu erschaffen und sie dennoch in einen aktuellen zeitlichen Kontext perfekt einzuordnen.
Diese CD macht von der ersten Sekunde an einfach Spass und nimmt einen sofort mit auf die Reise, deren einzelnen Ziele Florian Ross hier nicht nur ausgewählt, sondern zu echten Meilensteinen gemacht hat.
Gleich der erste Song „Baking Magels“ von Florian Ross wird durch das Octet in einer Art wiedergegeben, die bezeichnend für die ganze CD ist, denn es groovt, es swingt und es fesselt. Allen voran Eliott Knuets mit seiner Gitarre und Leon Hattori am Klavier zeigen, zu welchen treibenden Beats sie gemeinsam mit den anderen fähig sind. Man möchte sofort lauter drehen und sich der Musik ganz hingeben.
Ja, es ist natürlich einfacher mit einer solch großen Band besondere Sounds zu erschaffen, wie extrem abwechslungsreich und innovativ Florian Ross dies hier arrangiert hat ist dennoch ungemein spannend. Mal spricht die „kleine Big Band“ als ein Instrument, um nur wenige Sekunden später wieder als Gegenpart der jeweiligen Solisten deren Raum zu erschaffen und den Rhythmus sicher in der Spur zu halten. Und jeder Musiker kann seinen Beitrag nicht nur im Arrangement beibringen, sondern auch als Solo-Part-Player. Die Musik ist dicht, aber niemals überladen, sie ist bewegend aber gibt, auch in schnellen Changes, jedem den künstlerischen Freiraum, seine Sicht auf das Gelingen des großen Ganzen beizusteuern. Es ist erstaunlich, aber keiner der 11 Songs hat auch nur in Teilen eine Schwachstelle oder einen musikalischen, interpretatorischen Durchhänger.
Viele große Stücke also, die man eigentlich doch alle irgendwie so gut kennt. Dennoch wette ich mit Ihnen, dass sie die meisten so doch noch nicht gehört haben. Das alleine würde schon eine Empfehlung rechtfertigen, aber hier kommt mehr dazu: Die Fähigkeit von Florian Ross durch seine ganz persönlichen Arrangements gemeinsam mit seinen Musikern etwas wirklich Neues zu erschaffen. Etwas, dass die Zuhörer:innen für sich einnimmt und für rund eine Stunde festhält.
Der Klang ist überragend und gerade durch eine absolute Gleichberechtigung jedes Instruments wird eine faszinierende und gleichbleibende Stimmung geschaffen, die in einem Sound mündet, den man in dieser Klarheit, dieser Emanzipation von den Originalen und seiner Umsetzung in neuen und dennoch den Klassikern dienenden, sie förmlich in die Zukunft zu transformierenden Art noch nicht gehört hat. Großartig!
Wer hier nicht mindestens mit dem Fuß mitwippen muss, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Alle anderen, und das garantiere ich Ihnen, werden nicht nur mit den Füßen wippen, sondern dauerhaft das Gefühl verspüren, sich im Rhythmus dieser so ausgefeilten und dennoch so lockeren Produktion bewegen zu wollen, zu müssen.
Neben dem ersten Stück (von Florian Ross) ist es der wirklich schon millionenfach gehörte Song: „Send In The Clowns“, der mich schon beim ersten Hören für einige Minuten der Welt entrücken ließ. Eine gefühlvolle und extrem emotionale Sicht auf diesen Klassiker mit wundervollen einzelnen musikalischen Ideen, Wegen und feinsten Strukturen. Auch hier ist es wieder die Gitarre, die, obwohl ganz leise und zurückhaltend, so tief-emotionale Reaktionen auszulösen vermag. Das ist Musik auf Weltklasseniveau!
Für mich ganz klar ein Anwärter für die Top Ten des Jahres 2022.
Unbedingt anhören und sich den Veröffentlichungstag, den 21.10.22, vormerken!
Hier nun wieder die Webseiten von Florian Ross und ein paar Anspieltipps.