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Mein Hörtipp: Stefanie Schlesinger: Reality

Diese CD ist mir ins musikalische Bewusstsein gerückt, als ich mit der CD/LP von Markus Lüpertz, Wolfgang Lackerschmid und Stefanie Schlesinger (Herzschmerz, siehe auch meine Besprechung unten) befasst habe. Dieses großartige Gesamtkunstwerk war Anlass genug, sich mit den Musiker:innen noch näher zu beschäftigen.

Viele Arbeiten von Wolfgang Lackerschmid kannte ich seit vielen Jahren und auch wenn mir Stefanie Schlesinger natürlich bekannt war, hatte ich einige Ihrer Werke nicht so präsent. Ein Fehler, wie sich mit dem Kennenlernen jeder neuen CD dieser wunderbaren Künstlerin herausstellte. Insbesondere möchte ich Ihnen hier die bereits 2017 erschienene CD „Reality“ ans Herz legen, die die ganze Bandbreite von Stefanie Schlesinger deutlich macht.

Der Hintergrund der Entstehung des Albums ist interessant: Bereits im Jahr 2004 gestalteten Wolfgang Lackerschmid und Stefanie Schlesinger für die „Nacht der Filmmusik“ in München ein nur für diesen Abend individuell zugeschnittenes Programm, bei dem es die Aufgabe war, Songs europäischer Komponisten aus Film und Fernsehen an dem Abend mit einer Jazz-Band live auf die Bühne zu bringen. Nach zwei weiteren Filmnächten (2009 und 2011) war es nur ein kleiner Schritt zu dieser CD, auf der die Lieblingssongs der Arbeiten zusammengefasst wurden.

Und die Musiker:innen der Aufnahme stellen eine wahre Traumbesetzung dar. Neben dem Gesang von Stefanie Schlesinger und den Vibes/Marimbas von Wolfgang Lackerschmid spielen Mark Soskin (Piano), John Goldsby (Bass) Guido May (Drums und Percussion) und auf 4 der 12 Songs Ryan Carniaux (Trumpet, Flugelhorn)

Die Lieder sind bekannt, einige sicher weltbekannt: Vom Opener „Parole, Parole“ bei dem Wolfgang Lackerschmid den Gesangspart des Verehrers im Dialog mit der Angebeteten (gesungen von Stefanie Schlesinger) mit seinem Instrument dessen schmeichelnden Floskeln „erzählt“, über „Reality“ dem Song des Films „La Boum“ von 1980, bis hin zu „The Winner Takes It All“, den man wohl keinem nur halbwegs musikinteressierten Menschen weiter vorstellen muss.

Mein persönlicher Favorit ist übrigens „Hurra, wir leben noch“ von Klaus Doldinger aus dem 1983 entstanden Film „Die wilden Fünfziger“ von Peter Zadek.

Die klanglich herausragende CD entführt die Zuhörer:innen in mehrere Jahrzehnte großartiger Songs aus bekannten Film- und Fernsehwerken und zeigt so die ungemeine Vielfalt auf, die – zumindest in den Jahrzehnten bis zur Jahrtausendwende – in diesem Genre existierte und wird von den Musiker-innen in einen zeitgemäßen jazzigen Anzug gesteckt. Besonderes Lob muss hier Wolfgang Lackerschmid ausgesprochen werden, der für die Arrangements verantwortlich zeichnete, wobei zumindest ich finde, dass hier klar die Handschrift und der Einfluss von Stefanie Schlesinger zu erkennen ist. Immer wieder ist gerade sie es, die zum Beispiel im Song „Parole, Parole“ gesanglich „die Italienerin“ mit allen ihren unterschiedlichen Stimmungen, spontan, typisch kokett, laut und theatralisch wiedergibt um im nächsten Lied „The Summer Knows“ eine epochale typische hymnenartige Filmmusik mit einer getragenen und bedeutungsvoll großen Stimme zu interpretieren.

Ja, es ist Stefanie Schlesinger, die auf „Reality“ prägend ist, aber, und das ist wirklich außergewöhnlich gut gelungen, auch alle anderen Musiker haben Gelegenheit in subtiler, fast schon intimer Art ihre individuellen Beiträge zu leisten um dennoch dabei nie die gemeinsame Richtung aus den Augen zu verlieren. Meist sind es gerade die kleinen, sparsamen und kurzen instrumentalen Einwürfe (z.B. das kurze Solo von Ryan Carniaux in „Reality“), die einen bewundernd aufhorchen lassen. Das ist „Jazz vom Feinsten“, wenn Sie mir diese doch recht einfach klingende Aussage erlauben, denn sie passt hier perfekt. Keiner hebt sich hervor, stellt sich vor einen anderen oder gar in egoistischer Art in den Vordergrund der Band. So gut kann „einfach“ sein.

Eine wunderbare CD mit großartiger Musik, phantastisch arrangiert, toll eingespielt, von Stefanie Schlesinger unglaublich abwechslungsreich und perfekt gesungen und mit einer lockeren, sinnlichen musikalischen Gesamtstimmung der Band unterstützt.

Foto Duo: Christian Hartmann

Allein der in eine brasilianisch angehauchte Version verwandelte Beatles Song: Fool On The Hill“ zeigt, wie weit das Spektrum der Interpretationen geht, welche große Palette an Klangfarben, Rhythmen und harmonische Strukturen die Musiker:innen beherrschen. Und nicht nur wegen des swingenden Schlusssongs: The Winner Takes It All“ musste ich beim Hören, nicht nur wegen der einleitenden lockeren, federnden Begleitung durch den Bass von John Goldsby sehr häufig an einen Ausspruch des Blue Note Gründers Alfred Lion (Löw) denken: „It must schwing!“

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, außer:

Unbedingt anhören!

Wie immer ein paar weiterführende Links und Hörproben:

Die Webseiten von:

Stefanie Schlesinger:

https://stefanieschlesinger.de/

Wolfgang Lackerschmid:

http://www.lackerschmid.de/

Infos des Labels zur CD:

https://hipjazz.net/epages/a8cd05bc-fc52-456b-9612-1e49954ed715.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/a8cd05bc-fc52-456b-9612-1e49954ed715/Products/%22hipjazz%20012%22

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