Mein Hörtipp: Vanessa Porter: cycle.sound.color.
Der Lockdown zwang viele Künstler:innen zur Untätigkeit. Nicht wenige nutzten diese Zwangs-Auszeit aber auch dafür, Projekte umzusetzen, für die sonst vielleicht die Zeit schlichtweg gefehlt hätte. So war es auch bei der vorliegenden CD. Ein wirklich sehr besonderes Album mit einem interessanten Hintergrund.
In der Stuttgarter Innenstadt wurden im öffentlichen Raum an Litfaßsäulen großformatige Bilder von David Porter ausgestellt. Jedes versehen mit einem eigenen QR-Code über die man dann Kompositionen von Vanessa Porter hören konnte, die diese jeweils für die Bilder Ihres Großvaters geschrieben und aufgenommen hat um diese nach ihren Empfindungen zu „vertonen“.
Das allein ist schon etwas Besonderes aber es wird noch spezieller, denn Vanessa Porter spielt Ihre Kompositionen auf Instrumenten und zugleich Objekten des Alltags ein. Sie verfremdet diese und variiert deren Spiel durch z.B. neue Wege des Bespielens.
10 Bilder in 10 Stimmungen und ganz eigene Klangwelten erwarten die Zuhörer:innen, bei der Vanessa Porter (percussion, vibraphone, sounds, objects, composition) zum Teil von Daniel Mudrack (synthesizers) unterstützt wird.
Die abstrakten Werke von David Porter werden durch die wunderbaren Ton-Installationen von Vanessa Porter geradezu klang-lebendig. Es gibt kaum einen Menschen, der die Bilder und deren Entstehung besser verstehen kann als sie und als Künstlerin und Musikerin konnte sie zudem ihre gesamte Leidenschaft für die Kunst in ihre Vorstellungen einer Vertonung umsetzen, um so eine Brücke zu bauen zwischen der bildenden Kunst und der Musik.
Vanessa Porter ist eine sehr vielseitige Perkussionistin und betreut und initiiert zahlreiche Projekte. Sie verbindet in ihren Werke Improvisation und besondere Spielformen /-arten. Sie verfremdet Alltagsgegenstände und macht sie so zu Instrumenten und verbindet, wie in dem vorliegenden Projekt, darstellende Kunst oder Performances mit Musik und eigenen Klangwerken.
Nach Studien am bekannten Royal Collage of Music in London und der Musikhochschule in Lübeck schloss sie ihr Master-Studium an der Musikhochschule Stuttgart mit Bestnote ab.
Die 10 Kompositionen sind geprägt von einer tiefen emotionalen Spannung, einer magischen Ruhe und sehr fließenden Strukturen. Sie nutzt Schlag-Instrumente mit ihren bekannten Klängen und setzt diese selbst und durch weitere „Nicht-Instrumente“ in einen immer neuen klanglichen Kontext.
Sind im ersten Stück ein Vibraphon und ein Glockenspiel zu hören, die sie mit verschiedenen Schlägel und Bögen spielt, sind es bei einem anderen gestimmte Metallrohre (frei nach Steve Reich) oder ein Knisterbad für Kinder, vereint mit einer Log Drum und einer Bach-Melodie, die verfremdet mittels eines mit Bögen bespielten Vibraphons klanglich und musikalisch einen neuen absolut faszinierenden Klang-Kosmos eröffnet.
Alle Kompositionen sind von großer Harmonie und einer perfekten klanglichen Balance geprägt die fast immer einen sphärischen Grundcharakter haben und die Zuhörer:innen auf kleine musikalische Reisen mitnimmt. Reisen, die immer das jeweilige Bild des Großvaters als Basis haben und dennoch so viel weiter darüber hinausgehen.
Die auch klanglich hervorragende CD ist, obwohl sie eigentlich die Kunstwerke von David Porter klanglich umsetzen soll, selbst zu einem Kunstobjekt geworden.
Es ist einfach großartig, sich die Werke anzusehen und die Musik dazu zu hören, aber es geht auch ohne, denn alle Kompositionen sind von so großer kompositorischer Qualität, dass sie wirklich alle Zuhörer:innen sofort wie einem Sog mitnimmt und am Ende in einem tief-entspannten fast tranceartigen Zustand und einer großen Ruhe entlässt. Diese Musik macht etwas mit uns. Sie entführt einen in eine Welt der Klänge, die unmittelbar und mittelbar eine Wirkung haben und der man sich nicht verschließen kann.
Eine DER Entdeckungen für mich und schon jetzt ganz sicher einer der interessantesten Veröffentlichungen in diesem Jahr.
Unbedingt anhören!
Mehr Infos und Tourneedaten dieser großartigen Künstlerin unter:
Hier die Bilder mit der jeweiligen Musik:
https://cycle-sound-color.com/
Anspieltipps:
In die CD hören:
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