Mein Hörtipp: Wolfgang Lackerschmid: Never Stop Playing
Heute erscheint das neue Album!
Wolfgang Lackerschmid spielt schon seit langer Zeit gemeinsam mit dem Schweizer Schlagzeuger Samuel Dühsler in der Band des weltbekannten Künstlers Markus Lüpertz.
Zu einem Treffen der beiden Musiker im März dieses Jahres brachte Samuel Dühsler spontan die Pianistin Myslaure Augustin und den Bassisten Bänz Oester mit zu Wolfgang Lackerschmid in sein Augsburger Tonstudio mit. Man verstand sich auf Anhieb so gut, dass man kurzerhand 4 Kompositionen von Wolfgang Lackerschmid gemeinsam neu interpretierte und 4 weitere Songs in komplett freiem, improvisierten Spiel entstanden. Es begann eine spannende Reise mit vielen Überraschungen in der klanglichen Umsetzung und einer von großem Ideenreichtum geprägten Melodienschatz.
Gleich der Opener: Never Stop Playing“ zeigt, wie sehr die Musiker:innen unter den enormen kulturellen Beschränkungen gelitten haben. Wie in einer Art musikalischem Befreiungsschlag spielen die 4 mit einer wunderbaren Leichtigkeit und interpretatorischer Lockerheit über einige Harmonien von Dizzy Gillespies „Con Alma“.
Oder „Forever“, ein musikalisches Thema, dass Wolfgang Lackerschmid aus einem seiner Chorwerke entnommen, auf das Vibraphon übertragen und mit der Band dann in einen wunderbar entspannten Blues voller Wärme und sinnlicher Vibes adaptiert hat. Besonders hervorheben möchte ich hier den ungemein farbereichen, feinen und tonal harmonischen Bass von Bänz Oester, der wieder einmal deutlich macht, zu welchen Stimmungen dieses häufig unterschätzte Instrument in der Lage ist. Ein Song, der einen in stressigen Momenten in seinen 7 Min sofort und total entspannt. Medizin für die Seele.
Ebenfalls extrem interessant: Toyful Toyful: Als Samuel Dühsler zufällig im Regal der Percussionsinstrumente im Studio ein kleines wundersam klingendes Kinderspielzeug entdeckt, begann er spontan darauf einen Rhythmus zu spielen. Die anderen griffen diesen auf, entwickelten ihn weiter und schließlich legte Wolfgang Lackerschmid in seiner gewohnten Art frei improvisiert ein Thema darüber…nicht ohne vorher die Aufnahme gestartet zu haben. Das Stück zeigt, zu welchen kreativen Leistungen Musiker:innen befähigt sind, wenn sie nicht nur wirklich improvisieren können, sondern sich ganz „ohrenscheinlich“ persönlich schätzen und mögen.
Im Song „Five Stones“ spielt Lackerschmid auf der Basis eines 5/4 Takts auf 5 steinernen Klangplatten eines Gramorimbas. Ich hatte bei meiner Besprechung der CD „Compositions For Melodic Percussion For Solo And Trio“ (mit dem Percussion-Trio Schlag3) (LINK::::::::::::::::::J) schon absolut begeistert davon berichtet, wie unglaublich und für mich völlig unerwartet groß die Klang- und Ausdrucksformen der Stein-Instrumente sind.
Der Song „Let´sTake A Bow“ geht auf eine Idee von Bänz Oester zurück, der so fasziniert vom Klang der mit einem Cello-Bogen gestrichenen steinernen Klangplatte war, dass er spontan vorschlug ein komplett freies Stück mit einem am Bass und dem Vibraphon mit dem Bogen gestrichen zu beginnen um dann mit allen 4 Musiker:innen in fast 11 Minuten durch verschiedenste Stimmungen, Klänge und atmosphärischen schwebenden Sound-Ebenen und einer ganz besonderen Art einer melodisch-harmonischen und rhythmischer Struktur zu lustwandeln. Das ist ganz großes Hör-Kino!
Sie wollen noch mehr impulsiver Kreativität?
Dann hören Sie sich das Stück: „Wir müssen draußen bleiben“ an. Hier können Sie miterleben, was es mit den Musiker:innen gemacht hat, als diese in den Coronabeschränkungen nicht nur oft an den Rand des finanziellen Ruin getrieben wurden (oder sogar darüber hinaus), sondern auch kreativ und somit in ihren Grundfesten eingeschränkt wurden. Hören Sie zu welchen spontanen und kunstvollen Reaktionen die 4 hier eine musikalische Antwort auf die mehrjährigen Beschränkungen und deren persönlichen Folgen für jeden einzelnen gefunden haben. Brillant!
Ein großartiges Album, das übrigens auch klanglich überzeugt und mit den 8 Songs zeigt, welche Kreativität, Gott sei Dank, noch immer in den Musiker:innen schlummert…wenn wir sie endlich lassen!
Unbedingt anhören!
Hier, wie immer, weitere Hintergrundinformationen und Hörtipps:
http://www.lackerschmid.de/